Daten und Fakten
Reisedauer: 19 Tage, 8. August – 27. August 2019
Reiseroute: Odessa
Uman KiewHighlights: viele Freunde und super nette Leute, spannende Städte und ein super hippes Technofestival
Odessa
Das schöne am Reisen ist doch, dass sich so oft die Pläne und Reiserouten ändern und man genau dadurch besonders schöne und interessante Orte entdeckt. Eigentlich hatten wir geplant, von Moldawien zurück nach Rumänien zu reisen und dann über Bulgarien in die Türkei zu fahren. Doch dann kam alles anders und wir landeten in der Ukraine. Marlene erzählte mir, dass sie Ende August mit Freunden auf ein Technofestival in Kiew gehen würde. Und kurz darauf kündigten Matze und Buddy an, dass sie uns gerne in ihrem Sommerurlaub besuchen wollten. Den perfekten Sommerurlaub, stellte sich Matze tagsüber in Badehose am Strand und abends mit einem kühlen Bier in einer Beachbar vor. Die Adriaküste war für uns mittlerweile weit weg und auch nicht mehr in Reiserichtung. Bulgarien konnten wir uns auch nicht so recht vorstellen, denn dafür hatten wir alle zu große Vorurteile gegenüber den typischen Goldstrandtouristen. Und so kamen wir auf Odessa. Odessa war schon zu Sowjetzeiten ein beliebter Badeort an der Schwarzmeerküste und spätestens seit der Krimannexion kommen noch mehr Touristen in den Sommermonaten in die Hafenstadt.
Viele kommen natürlich zum Baden hierher. Odessa ist aber auch bekannt für ihre Ausgehmeile „Arkadia“, auf der wir natürlich auch viel Zeit verbracht haben. Uns hat aber vor allem die Altstadt mit ihren schönen Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert, die berühmte Potemkinsche Treppe und die vielen grünen Hinterhöfe mit den netten Cafés und Restaurants gefallen.
Und wir hatten uns natürlich sehr darüber gefreut, dass wir Besuch von unseren Freunden aus Köln bekamen! Mit Matze und Buddy hatten wir eine sehr intensive Zeit in einer Stadt, die uns alle super positiv überrascht hat, weil wir mal wieder überhaupt keine Erwartungen hatten.
Uman
Uman ist eine der wichtigsten Pilgerstätten der chassidischen Juden und allein zum jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana kommen über 30.000 Pilgergäste zum Grab des bedeutenden Rabbi Nachman. Als nicht bekennende chassidische Juden wurden wir von den meisten Ukrainern gefragt, warum wir denn bitte unbedingt nach Uman reisen wollten und vor allem warum für ganze zwei Nächte. Natürlich hätten wir auch direkt von Odessa nach Kiew fahren können, aber wir wollten noch einen anderen Teil der Ukraine sehen. In Dörfer oder in diesem Fall in einer Kleinstadt, lernt man meist noch einmal eine ganze andere Seite eines Landes kennen. Die Stadt selber wird wahrscheinlich in naher Zukunft keinen Schönheitspreis gewinnen, aber allein für den Spaziergang der riesengroße Sophienpark hat sich die Reise nach Uman gelohnt.
Kiew
Couchsurfing bei Alex
Unser Aufenthalt in Kiew startete mit einer Premiere. Zum ersten Mal auf unserer Reise würden wir bei Jemandem couchsurfen. Es war zwar nicht das erste Mal, dass wir eine Anfrage raus geschickt haben, aber das erste mal, dass wir eingeladen wurden. Auf dem Balkan hatten wir es mehrmals probiert, aber irgendwann haben wir einsehen müssen, dass wir einfach keine Chance hatten. Natürlich nicht weil wir zu unsympathisch oder uninteressant sind (hoffen wir zumindest), sondern weil wir den Eindruck hatten, dass Couchsurfing auf dem Balkan, das Tinder des Reisens ist. Die hauptsächlich männlichen Hosts zeigen auf ihren Profilen ihre durchtrainierten Körper und wenn man auf ihre Bewertungen klickt, liest man dankende Worte von 100% gutaussehenden, jungen Mädels. Gleichgeschlechtlich wurde dort selten gehostet und Pärchen scheinen ganz schlechte Karten zu haben. In Kiew wollten wir es aber noch einmal versuchen und stießen auf das Profil von Olexander (Alex). Sein Profil passte einfach perfekt zu uns und wir wussten, wenn er uns nicht aufnimmt, wird es nie jemand machen. Alex war ungefähr Ende 30 und seit dem ersten Tag ein überzeugter Couchsurfer. Er ist schon in vielen Ecken der Erde gereist, geht gerne auf Technopartys feiern, liebt die Natur und geht bei jeder Gelegenheit in den Bergen wandern. Außerdem schrieb er schon in seiner Vorstellung, dass für ihn Couchsurfing keine Alternative zu Hostels oder AirBnB sein sollte, sondern eine Plattform für einen gegenseitigen kulturellen Austausch. Wir schrieben Alex also eine lange Nachricht und hofften auf eine positive Antwort. Ein paar Stunden später hatten wir eine „Teil-Zusage“. Alex wollte uns gerne aufnehmen, aber genau an diesem Wochenende bekam er Besuch von einer Freundin aus Weißrussland und er wollte sie erst fragen, ob er noch zusätzlich Couchsurfer aufnehmen kann. Sie war einverstanden und so standen wir an unserem ersten Tag in Kiew, nervös wie bei einem Blind-Date vor der fremden Wohnungstür. Wir atmeten tief durch, klingelten und als sich die Tür öffnete wurden wir super freundlich von Alex begrüßt. Es fühlte sich sofort an, wie bei einem Freund übers Wochenende zu Besuch zu sein und bei einem späten Frühstuck quatschten wir über die Welt, das Reisen und vieles mehr. Zu Spiegelei und Salat reichte er uns noch eine typisch ukrainische Spezialität: dunkles ukrainisches Kümmelbrot mit einer hauchdünner Scheibe reinem Bauchspeck (je weißer desto besser) und einem Stück roher Zwiebel. Dazu ein großes Glas eiskalter Wodka. Wirklich eine richtig gute Kombi!
Alex war wirklich der absolut beste Couchsurfing Host, den wir uns für unser „erstes Mal“ hätten vorstellen können! Wir gingen abends gemeinsam essen, danach auf ein Open-Air Konzert im Hof der Sophienkathedrale und zum Abschluss ließen wir uns noch durch die hippsten Bars der Stadt treiben. Ein wirklich super lustiger erster Abend in Kiew in sehr netter Gesellschaft.
Westside Hostel
Da wir unser erstes AirBnB erst ab Montag gebucht hatten, zogen wir für eine Nacht ins Westside Hostel. Das lag, wie der Name schon sagt, im Westen der Stadt und ganz in der Nähe des Geländes des Brave Factory Festival. Das Festival war zwar erst am darauffolgenden Wochenende, aber da das Hostel auch in der Nähe von Alex Wohnung lag und wir für den Katertag eh nicht viel Sightseeing geplant hatten, zogen wir für eine Nacht dorthin. Bei einem ausgedehnten Spaziergang erkundeten wir schon mal die Gegend und den Fußweg zum Festivalgelände.
AirBnB 1
Unser erstes AirBnB in Kiew lag deutlich zentraler als das Westside Hostel und überzeugte durch eine recht typische ex-sowjetische Inneneinrichtung samt Holzschrankwand, Blümchentapete und als Wintergarten verkleideter Balkon. Als Sightseeing-Programm für den Tag machten wir einen Spaziergang zum sowjetischen Weltkriegsdenkmal und der imposanten Mutter-Heimat-Statue. Mit Schild und Schwert thront die 62 Meter hohe Statue auf einem 40 Meter großen Sockel und überblickt von einem Hügel aus die Stadt und den Fluss Dnepr. Alles sehr heroisch. Und passend zu den Kriegsdenkmälern findet man im Park eine große Ausstellung an Panzern und anderen Kriegswaffen.
In unseren zwei Tagen in AirBnB 1 gab es aber nicht nur Kriegsgedenken sondern auch Anlass zur Freude. Denn nach langer, langer Zeit gab es endlich ein Wiedersehen mit Marlene. Marlene war eigentlich der Grund, warum wir überhaupt auf die Idee gekommen waren, nach Kiew zu fahren. Sie hatte mir vor einigen Wochen erzählt, dass sie mit Wiebke, Flo und Ben auf das Brave Factory Festival fahren würde. Nachdem wir dann auch noch unseren Urlaub mit Matze und Buddy in Odessa geplant hatten, war klar, dass wir auf jeden Fall zum Brave nach Kiew kommen würden. Dabei ging es nicht nur um das Festival, sondern es war einfach schön ein paar Tage mit einer guten Freundin zu verbringen. Leider ging das Wochenende dann letztlich viel zu schnell vorbei und ich freue mich jetzt schon auf ein nächstes Wiedersehen in Köln, Hamburg oder irgendwo anders in der Welt.
AirBnB 2
An dieser Stelle kann man sich fragen, warum wir in Kiew überhaupt so oft die Unterkunft gewechselt haben. Es hat sich einfach so ergeben, weil wir lange Zeit nicht wussten, wann wir, wie lange, mit wem in der Stadt sein würden. Da Matze eigentlich mit zum Festival kommen wollte hatten wir für die paar Tage vor dem Festival eine größere Wohnung im Zentrum gebucht. Am Wochenende des Festivals wollten wir in einem Hostel in der Nähe des Geländes wohnen. Zum Couchsurfing und AirBnB1 kam es dann, weil wir schon ein paar Tage früher in der Stadt waren. Da Matze dann aber ganz spontan entschieden hat, zu seiner Freundin nach Italien zu fliegen, zogen wir nun also zu zweit in die schicke Wohnung in der Nähe vom Maidan, in der wir eigentlich zu dritt mit Matze gewohnt hätten.
Mit Marlene und den Anderen, die in einem AirBnB ganz in der Nähe wohnten, verbrachten wir einen Tag ganz im Osten der Stadt. Auf dem Weg zu einem Second Hand Markt sahen wir dort noch einmal eine ganz andere Ecke der Stadt. Fernab vom Maidan und Regierungsviertel besteht Kiew hauptsächlich aus Plattenbauten, teilweise bunt bemalt, teilweise uralt und trist, einige ganz neu und viele nie fertig gestellt. Auf dem Rückweg machten wir auf halber Strecke halt und ließen den Nachmittag bei einem kühlen Bier am Strand ausklingen. Ja, richtig gelesen, Kiew hat einen Strand, sogar mehrere. Am Ufer der Inseln im Fluss Dnepr sitzt man mitten im Grünen und fühlt sich weit weg von der Stadt.
Da unser AirBnB so schick und so gut gelegen war, verlängerten wir es noch um eine Nacht. Denn einen Tag vor Festivalbeginn reiste ein weiterer guter Freund in Kiew an. Oli, mit dem wir schon lange durch Südamerika gereist waren, und mit dem wir schon auf dem „Journey to Tarab“ in Ungarn waren, war auch auf dem Brave mit dabei. So konnten wir mit Oli einen ganzen Tag in der Stadt verbringen und er hatte die Gelegenheit noch etwas von Kiew zu sehen und nicht nur den Flughafen und das Festivalgelände. Zum Start gab’s dann auch direkt ukrainische Delikatessen: Austern, Hotdogs und Cidre. Klingt nach einer wilden Kombination, aber Würstchen und Muscheln findet man wirklich überall in der Ukraine, also warum nicht beides anbieten. Das Konzept funktioniert! Tobi wollte sich für das Festival schonen und während er schon im Bettchen lag, zogen Oli und ich noch durch ein paar Kiewer Bars. Super der lustige Abend und ein guter Start ins Festivalwochenende!
Westside Hostel
Zurück im Westen der Stadt und bereit fürs Festival. Ich glaube wir hatten alle vorher keine Vorstellung davon wie hipp dieses Festival sein würde. Seit langem haben wir nicht so viele stylisch gekleidete Leute gesehen. Gut, jeder der mich kennt weiß, dass ich jetzt nicht soooo der Modeexperte bin, aber auf mich wirkte die Meisten deutlich hipper als das, was man in Köln und Berlin so sieht. Und zwar nicht so möchtegern individuell, sondern wirklich stylisch. Das galt nicht nur für die Leute, sondern auch für die Location. Ein riesiges Industriegelände, alles minimalistisch beleuchtet, mit alten Silos, einer riesigen Halle namens „Angar“, alte Schornsteine, etc.
Wirklich ein krasser Kontrast zu den Festivals in Deutschland, die doch meist von bunten Tüchern, Totems, Feuershows und viel Glitzer geprägt sind. Das Brave Factory war eher so „Hammerhalle“ im Sisyphos ab 7 Uhr morgens. Am Ende des zweiten Tages fehlte etwas die Abwechslung zum monotonen düsteren Wummern der Bässe. Insgesamt war das Festival wirklich echt mega cool!
Homestay in der Nähe des Flughafens
Mit Oli machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg zum Flughafen. Unser Flieger nach Ankara ging erst am nächsten Tag und so verbrachten wir die letzte Nacht in Kiew wieder in einer anderen Unterkunft. In einem Homestay bei einer sehr netten Familie, sehr idyllisch gelegen, inmitten von Kornfeldern, aber unweit vom Flughafen.
Wir hatten wirklich eine richtig gute Zeit in der Ukraine und haben ein wirklich interessantes Land kennen gelernt mit den wahrscheinlich höflichsten Menschen der gesamten Reise. Wir behalten die Ukraine in sehr guter Erinnerung und kommen gerne irgendwann wieder!