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Daten und Fakten

Reisedauer:  12 Tage, 27. August 2019 – 08. September 2019

Reiseroute: Ankara  Kars Olgunlar

Highlights: mit dem „Doğu Express“ von Ankara einmal quer durch Anatolien

Ankara

Auf einer Weltreise erlebt man nicht jeden Tag die größten Abenteuer. Es gibt auch immer wieder Tage an denen wir nichts anderes machen als die nächsten Schritte unserer Weiterreise zu planen. Unsere Tage in Ankara verbrachten wir größtenteils mit Planen und Organisieren. Bald würden wir in Länder reisen, in denen wir nicht einfach ein „90 Tage Visum on Arrival“ in den Pass gestempelt bekommen, sondern vorher mindestens ein E-Visum beantragen müssen. Zu recherchieren, für welche Länder wir ein Visum brauchen, und wo wir dieses am besten und einfachsten beantragen können, braucht nun mal Zeit. Die hatten wir, denn Ankara ist als Stadt kein Vergleich zu Istanbul. Ankara ist zwar Hauptstadt und eines der wichtigsten Wirtschaftszentren des Landes, für Touristen hat die Stadt aber nicht so viel zu bieten. Unser Sightseeingprogramm fiel daher recht klein aus. Schön war unser Spaziergang durch die kleine und teilweise stark zerfallene Altstadt mit typischer Otomann Architektur und hinauf zur Zitadelle, von der man einen schönen Blick auf die Stadt und die untergehende Sonne hat.

Wahrscheinlich das meist besuchte Monument in Ankara ist das Mausoleum von Mustafa Kemal Atatürk, dem Staatsgründer der modernen Türkei. Kemal Atatürk wird von vielen Türken insbesondere in Ankara sehr verehrt und in fast jedem Gebäude, Restaurant und Shop hängt ein Bild von ihm. Das imposante Mausoleum wollten wir uns natürlich noch anschauen bevor abends unser Zug nach Kars abfuhr.

Leider hatten wir nicht mitbekommen, dass am 30. August der Tag des Sieges gefeiert wurde. Der Tag an dem die Türken unter dem Oberbefehl von niemand anderem als Mustafa Kemal Atatürk die Griechen aus Izmir vertrieben haben. An diesem besonderen Ehrentag, wollten natürlich ALLE zum Mausoleum und ihrem Gründervater eine besondere Ehre erweisen. Am Eingang, an dem sich 100te von Menschen am Sicherheitspersonal vorbei durch einige wenige Metalldetektoren drängten, wurden wir sogar von einer Dame auf Deutsch gefragt, ob wir auch nur wegen dem Siegestag angereist wären. Nicht ganz, aber da wir nun schon mal da waren, wollten wir auch rein. Irgendwie war es so natürlich auch eine besondere Stimmung. Alle hatten Türkeiflaggen dabei, man sah Kemal Atatürk T-Shirts, Kemal Atatürk Anstecknadeln, Kemal Atatürk Fähnchen und vieles mehr.

Auf dem Rückweg war die ganze Stadt abgesperrt und überall waren Sicherheitskontrollen, denn der Tag des Sieges wurde mit einer großen Parade gefeiert, die einmal durch die Stadt und leider auch ganz in der Nähe unseres AirBnBs vorbei führte. An einer Kontrolle ging es für uns nicht weiter. Auf unsere Frage, warum denn alle anderen durchgehen dürften, wir aber nicht, wurde uns geantwortet, dass Ausländer heute nicht zugelassen wären. Bis heute haben wir nicht so recht verstanden, warum Ausländer verboten waren und woran das genau fest gemacht wurde, denn Ausweise wurden nicht kontrolliert. Vielleicht sahen wir auch einfach irgendwie verdächtig aus. Wir vermuten es lag an Tobis Kamera. Vielleicht waren ausländische Journalisten ohne Genehmigung nicht erlaubt. Wir ärgerten uns natürlich maßlos über diese gefühlte Ungerechtigkeit und der ungewohnten Diskriminierung (Türkinnen und Türken ist es wahrscheinlich schon unzählige Male in Deutschland so ergangen wie uns). Irgendwann kam dann auch noch Sorge auf, dass wir unseren Zug verpassen würden, wenn wir es nicht irgendwie zu unseren Rucksäcken im AirBnB auf der anderen Seite der Parade schaffen würden. Am Ende hat aber alles geklappt und wir saßen pünktlich am Bahnhof und warteten auf den Doğu Express.

Kars

Der Doğu Express ist immer für Monate im Voraus ausgebucht, denn der Zug ist mit Abstand die günstige Transportmöglichkeit, um von Ankara bis nach Kars zu kommen. Außerdem ist der Doğu Express unter jungen Türken total beliebt. Es ist ein absoluter Trend mit Freunden im Doğu Express nach Kars zu fahren, die Abteile mit Lichterketten und Fotos zu dekorieren, Bier und andere alkoholische Getränke in den Zug zu schmuggeln, und Bilder von sich im Schlafwagen auf Instagram zu posten. Als wir buchen wollten, waren nicht nur die Schlafwagen, sondern auch alle normalen Sitzplätze nicht mehr verfügbar. Nur durch Zufall fanden wir heraus, dass es seit ein paar Wochen einen zweiten Doğu Express gibt, den sogenannten Doğu Express Touristic. Anstatt knapp 6 Euro zahlt man für die Touristen-Variante zwar 40 Euro, für 32 Stunden Zugfahrt fanden wir das aber immer noch mehr als fair. Vor allem weil wir ein Abteil für uns ganz alleine hatten, mit Waschbecken, kleinem Kühlschrank und sehr bequemen Betten.

Der Doğu Express Touristic hat gegenüber dem normalen Doğu Express  auch einen besonderen Vorteil. Er hält 2-3 mal für jeweils 3 Stunden, damit sich die Touristen Iliç und Erzincan anschauen können. Man kann sogar im Zug geführte Touren buchen. Auf den türkischsprachigen Guide verzichteten wir und fuhren in Iliç per Anhalter vom Bahnhof ins Dorf, schauten uns die Moschee an, tranken Chai und schlenderten wieder zurück zum Bahnhof, der malerisch an einem See mitten in den kargen Bergen Anatoliens lag. Weiter ging es immer am Euphrat entlang in Richtung Erzincan. Auch dort machten wir einen kleinen Ausflug zu Fuß in die Innenstadt und wurden wieder von Leah begleitet, einem sehr netten Australier, den wir im Restaurantwagen kennen gelernt hatten. Das Bordrestaurant war für einen Touristenzug erstaunlich schlecht ausgestattet, so dass wir uns lieber in Erzincan mit einer riesigen gemischten Tüte leckerer türkischer Speisen eindeckten. Dann machten wir es uns in unserem Zweier-Abteil wieder gemütlich und beobachteten, wie die Landschaft an uns vorüberzog.

Vor allem in den Morgen- und Abendstunden leuchteten die steinernen Berge in wunderschönen Goldtönen.

Der Doğu Express war auf der bisherigen Reise wirklich mit Abstand die schönste uns bequemste Art von A nach B zu kommen.

In Kars angekommen checkten wir in unser AirBnB bei Enes ein, einem sehr netten jungen Lehrer, der zwar noch nicht so gut Englisch sprach, mit dem wir uns aber dank Google Translate trotzdem sehr gut unterhalten konnten. Am nächsten Morgen verabredeten wir uns mit Leah und einem weitern netten Touri, um gemeinsam nach Ani zu fahren. Da der Bus allerdings erst mittags fuhr, nutzten wir die Zeit um uns die Burg von Kars anzusehen.

Das Highlight des Tages waren aber die Ruinen von der alten armenischen Hauptstadt Ani. Ani wurde im 5. Jahrhundert gegründet und entwickelte sich im 10. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Städte der Region. Die Stadt hatte 100.000 Einwohner und wurde bekannt als die Stadt der 1001 Kirchen. Ani ist bereits seit mehreren hundert Jahren verlassen und von den Kirchen sind nur noch die Ruinen von einigen wenigen erhalten.

Die Zukunft des Kulturdenkmals ist unsicher, unter anderem weil man das Gefühl haben kann, dass die türkische Regierung kein besonderes Interesse hat, das kulturelle Erbe der Armenier zu erhalten. Es bleibt zu hoffen, dass auch in Zukunft noch Besucherinnen und Besucher über die wundervolle Architektur in dieser wundervollen Landschaft staunen können.

Olgunlar

Um uns auf unsere Wandertouren in Georgien vorzubereiten, hatten wir uns vorgenommen in der Türkei eine kleine Tour zum lockeren Einwandern zu machen. Als Wandergebiet hatten wir uns die Region rund um den Berg Kaçkar entschieden. Der Kaçkar ist mit 3932m der höchste Berg des Ostpontischen Gebirges, das sich parallel zur Schwarzmeerküste erstreckt. Der Startpunkt unserer Wanderung war das kleine Dörfchen Olgunlar, das nur aus zwei Gästehäusern und ein paar Bauernhöfen besteht und am Ende der Gebirgsstraße liegt.

Von hier aus, geht es nur noch zu Fuß weiter. Die Pansion Olgunlar wurde von dem immer lächelnden Imail und seinen Söhnen Can und Jihad geführt. (Keine Ahnung wie man ein Gästehaus für Touristen betreiben kann und seinen Sohn Jihad also „heiligen Krieg“ nennen kann ;)). Mit in der Pension war noch ein Iraner, der den Kaçkar mal eben so in einem Tag bestieg und ein Australier, der schon seit vielen Jahren in der Türkei lebte und immer mal wieder nach Olgunlar reist, um Wanderwege zu markieren und so den Tourismus in der Region zu fördern. Es waren also einige erfahrene Wanderer vor Ort, die sich perfekt in der Region auskannten. Daher ließen wir uns bei unserer Routenplanung von den Experten beraten. Schnell war klar, dass wir keine große Lust hatten den Kaçkar zu besteigen. Zum einen war er uns momentan zu hoch und zum anderen soll der Gipfel nicht besonders reizvoll sein, da er meistens in Wolken liegt. Wir entschieden uns daher für eine 3-Tagestour um den Gipfel herum.

Tag 1: Der erste Tag der Wanderung lief ziemlich gut. Zu Beginn hatten wir strahlend blauen Himmel und eine sehr nette Begleitung. Schon am Vortag war uns ein Hund aus dem Nachbardorf gefolgt, hatte die Nacht in Olgunlar verbracht und sich morgens mit uns auf den Weg in Richtung Yukari Kavrun gemacht.

Uns wurde schon vorab angekündigt, dass oben am Pass eine „Wettergrenze“ verläuft. Die feuchte Luft vom schwarzen Meer bleibt am Gipfel hängen und sorgt für Nebel und Regen auf der anderen Seite des Passes. Wir hatten nur wenige Schritte über den Pass gemacht und wussten nun, was das genau bedeutet:

Trotz minimaler Sicht fanden wir Dank vieler „Steinmännchen“, die den Weg markierten, und unserer Hundebegleitung relativ mühelos den Weg bis in ins Dörfchen Kavrun.

Dort stellten wir unser Zelt auf der Wiese neben einer Pension auf, wärmten uns bei einem Chai und trockneten unsere Nassen Füße und Schuhe an einem warmen Ofen.

Tag 2: Tag zwei startete tierisch. Ständig kam ein kleiner schwarzer Stier unserem empfindlichen Zelt bedrohlich nahe. Als Tobi den Stier grade erfolgreich vertrieben hatte, kam von der anderen Seite des Tales ein Rudel (wahrscheinlich wilder) Hunde. Das passte dem alten Mann im Nachbarhaus so gar nicht. Er schimpfte wild gestikulierend, verschwand kurz in seinem Schuppen, fackelte nicht lang und ballerte mit seiner Schrotflinte wie wild auf das Rudel Hunde. Die Hunde hatte er erfolgreich vertrieben, wir Touris blieben geschockt und wie versteinert neben unserem halb abgebauten Zelt stehen. Unsere Hundebegleitung haben wir danach leider nie wieder gesehen. Wahrscheinlich wegen der Schüsse, vielleicht aber auch, weil der Hund keinen Bock auf den Weg hatte, den wir eingeschlagen hatten. Anfangs war die Sicht noch gut, der Weg entlang des Flusses einfach zu finden und auch nicht besonders anstrengend. Ab Nachmittag war es aber der schlimmste Wandertag, den wir bis jetzt erlebt haben: keine Sicht, keine Markierung des Weges, eigentlich kein vorhandener Weg, Geröllfeld, Regen, Gewitter, nahende Dunkelheit und nach 5 Stunden immer noch keine Ahnung wie wir über diesen verdammten Pass kommen sollen. Dazwischen immer wieder Panikattacken. Tobi kletterte (!) dann irgendwann ohne Rucksack ein Stück vor um irgendwie einen Weg zu erkunden und irgendwo tat sich endlich ein kleiner, steiler Durchgang auf, der über den Pass führte. Auf der anderen war zum Glück kein tiefer Abhang und man konnte in der Ferne sogar einen Weg erkennen. Da wussten wir, wir haben es geschafft. Ein Blick auf die Uhr verriet uns, dass wir noch ungefähr 1 Stunde Tageslicht hatten, der Campingspot den wir erreichen wollten aber noch 2 Stunden entfernt war. Wir sind bis heute unendlich glücklich über unsere Entscheidung, nicht noch weiter gelaufen zu sein und uns für eine ebene Grasfläche als Notcampingplatz entschieden zu haben. Natürlich fing es beim Zeltaufbauen noch einmal heftig an zu hageln und natürlich hörte es sofort auf als das Zelt stand. Halbwegs trocken und halbwegs warm, lagen wir noch lange wach und versuchten den Adrenalinspiegel wieder auf ein halbwegs normales Level zu bringen. Geschlafen haben wir dann auch dementsprechend schlecht und ich habe die ganze Nacht von wackeligen Steinen und Gerölllawinen geträumt.

Tag 3: Unser letzter Tag startete mit strahlendem Sonnenschein und einer wunderschönen Aussicht. Wir waren überglücklich den Tag zuvor unbeschadet überstanden zu haben und froh, jetzt, da wir den Weg wieder gefunden hatten, nur noch entspannt zurück nach Olgunlar schlendern zu müssen. Schnell wurde uns aber klar, dass der Weg ins „falsche“ Tal führte und wir einen weiteren Pass inklusive Geröllfeld überqueren mussten. Und nach diesem Pass tat sich ein weiteres Geröllfeld auf, das zu einem weiteren Pass führte. Erst nachdem wir danach noch ein weiteres Geröllfeld an einem See entlang passiert hatten und wir bei Regen und Gewitter ca. 800 Meter abgestiegen waren, erreichten wir das verlassene Basecamp vom Kaçkar. Ab da waren es dann wirklich „nur“ noch 8 Kilometer zurück nach Olgunlar. Wir hatten es geschafft, wir waren wieder zurück in unserer gemütlichen kleinen Pension! Lockeres Einwandern sollte aber eigentlich anders aussehen. Für Georgien waren wir nun aber mehr als bereit.