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Daten und Fakten

Reisedauer:  11 Tage, 10. Mai 2019 – 21. Mai 2019

Reiseroute: Mostar  Sarajevo  Trebinje

Highlights: Mit Zlatan in der Küche sitzen, und weil es so gemütlich ist, noch einen Tag länger bleiben

Mostar

Kurz vor der Grenze zwischen Kroatien und Bosnien, sammelte der Busbegleiter wie immer die Pässe der Passagiere ein, um diese nach der Kontrolle am Grenzübergang wieder auszuteilen. Wie früher in der Schule lief er durch den Bus und rief die Namen laut in den Bus: Kramaric, Modric, Babić, Kovačić, Jurić, Matić… Es war wirklich nicht ein Name (außer unseren) dabei, der nicht auf –ić endete. Das fand Tobi so lustig, dass er seit dieser Busfahrt möglichst viele Wörter auf –ić enden lässt. Und er hat mir das Versprechen abgenommen, das hier ebenfalls zu tun. Der Eine findet es vielleicht lustić, andere vielleicht nervić, aber ich werde es fürs erste kontinuierlić durchziehen.

Da wir erst am späten Nachmittag in Zadar losgefahren waren, kamen wir erst mitten in der Nacht in Mostar an und vielen direkt ins Bett. Am nächsten Morgen saßen wir mit unserem Gastgeber Zlatan beim Frühstück. Das Frühstück war mehr als reichlić und super köstlić. Für jeden Gast machte Zlatan ein mit Käse gefülltes Omelette aus mindestens 3 Eiern. Zu Tobi meinte er jeden Morgen: „You can eat four! Sit, eat!“ Zu den Omeletts gab es Tomaten, Gurken und Oliven, Frischkäse und eine Art Apfelsirup von Zlatans Mama. Einfach herrlić! Das Frühstück war aber nicht der Grund warum wir am Ende viel länger in Mostar blieben als ursprünglich geplant. Wahrscheinlich lag es vor allem an den vielen netten Gesprächen mit Zlatan in der Küche. Zlatan ist ungefähr so alt wie wir, hat eigentlich Informatik studiert, arbeitet aber mittlerweile als Yogalehrer und hat vor einem Jahr das Hostel eröffnet. Früher hat er als DJ gearbeitet und in Kroatien Partys organisiert, heute lebt er rein vegetarisch und straight edge und interessiert sich für Meditation und Buddhismus. Auch die anderen Gäste hatten viel zu erzählen. Da war zum Beispiel ein älteres Ehepaar, das mit uns am Frühstück saß und die ganz entzückt waren, als sie hörten, dass wir auf Weltreise waren. Das hätten sie früher auch gemacht. Sie hätten sich ein kleines 5 Meter Boot gekauft und wären damit 11 Jahre um die Welt gefahren. Monatelang wären sie teilweise allein auf dem Meer gewesen und hätten einige heftige Stürme mit meterhohen Wellen überlebt. Das wäre zwar nicht immer so harmonisch gewesen, aber als sie auch das gemeinsam überstanden haben, war ihnen klar, dass sie bereit für die Ehe waren. Und ein breites zahnloses Grinsen zog sich über sein Gesicht. Die vielen Jahre auf See hatten ihre Spuren hinterlassen.

Wir waren, wie schon in den Wochen zuvor, der Sonne nachgereist und an unserem ersten Tag in Mostar hatten wir perfektes Wetter für unsere Free Walking Tour. Bekannt ist Mostar vor allem für die Steinbrücke aus dem 16. Jahrhundert. In den 90er Jahren wurde die Brücke zum traurigen Schauplatz erbitterter Kämpfe zwischen der kroatischen und der bosnischen Armee. Im November 1993 wurde sie zerstört und erst seit 2004 erstrahlt sie wieder in alter Pracht.

Leider ist die Brücke auch heute noch ein Zeichen für die gefühlte Teilung der Stadt. Auch Jahrzehnte nach dem Krieg ist der Versöhnungsprozess noch weit entfernt. Es wird sogar vermutet, dass einige kroatische Bosnier noch nie die Brücke überquert haben und noch nie die Altstadt gesehen haben. Das müssen sie auch nicht, denn in Mostar gibt es alles in doppelter Ausführung. Ein Krankenhaus auf der kroatischen Seite und eins auf der bosnischen Seite, es gibt zwei Busterminals, zwei Einkaufszentren, zwei Polizeistationen etc.. Das mag auf viele ziemlich verrückt klingen, aber für bosnische Verhältnisse ist das noch ziemlich unkompliziert. Denn in dem kleinen Land gibt es eigentlich alles sogar in dreifacher Ausführung. Es gibt zum Beispiel drei Präsidenten (einen „bosnischen“, einen „kroatischen“ und einen „serbischen“), die ihr Amt alle 8 Monate wechseln und die sich einig sein müssen um eine Gesetzesänderung voranzubringen. Bosnische Kinder gehen in ethnisch getrennte Klassen und teilweise in getrennte Schulen. Von einer Aussöhnung und der Entwicklung einer gemeinsamen Identität frei von Vorurteilen und ethnischer Teilung ist Bosnien in vielen Teilen leider noch sehr weit entfernt und Mostar ist ein klares Beispiel hierfür.

Mostar war für uns aber nicht nur historisch interessant sondern wir haben uns einfach bei Zlatan sehr wohl gefühlt. Und so entschieden wir noch einen Tag länger zu bleiben, und noch einen, und noch einen. Und weil es die meiste Zeit regnete, saßen wir viel mit Zlatan in der Küche und quatschten über Gott und die Welt oder gingen in der Kneipe um die Ecke ne Runde Billard spielen. Irgendwann kam sogar noch einmal die Sonne hervor und wir nutzten die Gelegenheit für einen Ausflug zum Haus eines Derwisch an der Brunaquelle in Blagaj.

Irgendwann kam dann tatsächlich der Tag, an dem wir morgens zum Frühstück kamen, wir wie immer einen Tag verlängern wollten und das ganze Hostel für die nächste Nacht ausgebucht war. Wir mussten Mostar also schweren Herzens verlassen.

Sarajevo

Sarajevo wird häufig als das Jerusalem von Europa bezeichnet, denn nirgendwo sonst, findet man unendlich viele Moscheen, orthodoxe und katholische Kirchen auf so engem Raum. Die Einwohner Sarajevos sind besonders stolz darauf, dass vor, während und auch nach dem Krieg in Sarajewo Menschen unterschiedlicher Ethnien friedlich zusammen leben. Insbesondere in Bosnien, ist das leider keine Selbstverständlichkeit. Bevor wir nach Sarajewo gefahren sind, assoziierten wir Sarajewo vor allem mit Nachrichten aus dem Jugoslawienkrieg. Wem es wie uns geht, und die Geschichte des Krieges nicht mehr ganz zusammen bekommt, dem empfehlen wir an dieser Stelle die mehrstündige Dokumentation „Death of Yugoslavia“, die man auf Youtube findet. Als wir in Sarajevo ankamen, waren wir überrascht, dass man auch heute an vielen, ja fast schon an den meisten Häusern, immer noch die Einschusslöcher von vor über 20 Jahren sieht. Über Monate hinweg war Sarajevo während des Krieges belagert und die Einwohner konnten nur über einen geheimen Tunnel mit dem nötigsten versorgt werden.

Trotz teilweise sehr heruntergekommener Hochhäuser und Einschusslöcher an den meisten Hauswänden, wirkte Sarajewo auf uns in keinem Fall trist, sondern wir haben uns in Sarajewo sofort super wohl gefühlt! Wir hatten ein nettes AirBnB auf einem der Hügel ganz in der Nähe der Altstadt. Unseren Lieblingsbäcker, der das beste Brot auf dem Balkan backt und unseren Kaffeeröster, der uns immer freundlich grüßte.

Es war immer noch Ramadan und nach Sonnenuntergang traf sich die ganze Stadt in der Altstadt zum Fastenbrechen oder auch einfach nur um durch die Fußgängerzone zu flanieren und einen Café oder Bier zu trinken. Auf der einen Seite waren wir in einer Großstadt inmitten von Europa und auf der anderen Seite fühlte man sich durch den Gesang des Muezzins manchmal ganz weit weg. Sarajewo ist eine Stadt, in die wir gerne wieder kommen. Vielleicht für ein paar Tage zum Skilaufen? Das kann man im Winter ganz in der Nähe der Stadt nämlich auch. Wir werden sehen.

Trebinje

Bevor wir das schöne Bosnien schon wieder verlassen sollten, machten wir noch einen kleinen Zwischenstopp in Trebinje an der Grenze zu Montenegro. Trebinje liegt zwar in Bosnien, die Bewohner machen aber keinen Hehl daraus, dass sie am liebsten zu Serbien gehören würden. Zumindest wehte in jeder Straße mindestens eine Serbien-Flagge. Ansonsten sieht Trebinje auf den ersten Blick aus wie viele kleine Städte auf dem Balkan. Eine Alte Brücke über einen kleinen Fluss, ein alter Stadtkern mit Moscheen und Kirchen, Cafés in denen Espresso getrunken wird und Bewohner die durch die Fußgängerzone spazieren.

Wir waren um ehrlich zu sein auch nicht unbedingt wegen Trebinje dort, sondern um von dort einen Ausflug nach Dubrovnik zu machen, das nur 30 Kilometer und eine kurze Busfahrt entfernt liegt. Nach unserem Tagesausflug nach Dubrovnik fuhren wir schon am nächsten Tag weiter nach Kotor in Montenegro.